Sie sind wohl eine der meist unterschätzten Pflanzengattungen – die Brennnesseln (Urtica). Aus der Familie Brennnesselgewächse (Urticaceae) stammend, ist das oftmals als Unkraut verschmähte Gewächs weltweit verbreitet. Ein weiterer Grund für den zweifelhaften Ruf der Brennnesseln sind die hauptsächlich auf der Blattoberseite befindlichen Brennhaare. Diese bestehen in ihrem oberen, harten Teil vorwiegend aus Kieselsäure, während der untere, biegsame Teil mit Brennflüssigkeit gefüllt ist. Diese enthält u.a. Serotonin, Histamin und Ameisensäure – der menschliche Körper reagiert bei Berührungen empfindlich. Übrigens gibt es hier Unterschiede je nach Art: So ist der Kontakt mit der Kleinen Brennnessel (Urtica urens) mit deutlich mehr Schmerzen verbunden als mit der Großen Brennnessel (Urtica dioica), die in Deutschland am häufigsten vorkommt.
„Die Brennnessel hat in der Tat für Kenner den größten Wert.“ Sebastian Kneipp
Das gesundheitsförderliche Potenzial der Brennnessel ist vielfältig. Zum einen ist sie schlichtweg ein gesundes Nahrungsmittel mit sehr viel Vitamin C (mehr als Zitrusfrüchte!), Vitamin A, Eisen, Kalium, Kalzium, Eiweiß, Kieselsäure und Carotin (ungefähr doppelt so viel wie Karotten!) und kann so zur Stärkung des Immunsystems beitragen. Auch die Samen der Brennnessel sind essbar und werden heutzutage von der Industrie als „Super-food“ vermarktet.
Anderseits besitzen die Blätter und Wurzeln spezielle entzündungshemmende sowie weitere Wirkstoffe, die zur Linderung von Schmerzen im Bewegungsapparat bzw. bei Prostatavergrößerung eingesetzt werden können. Früher wurde Brennnesseltee als „blutreinigendes“ Mittel eingesetzt, was angesichts seiner gesunden Inhaltsstoffe sowie seiner mild den Stoffwechsel und die Nierenfunktion anregenden in Verbindung mit Alkoholenthaltung oder gar Fasten nur günstig sein kann. Selbst bei Hautproblemen wie Akne soll so eine Kur positive Wirkungen entfalten. Die harntreibende Wirkung kann bei Blasen- bzw. Harnwegsentzündungen oder Neigung zu Nierensteinen helfen.
Bereits die Römer kannten eine relativ gewöhnungsbedürftige Methode einer Schmerzbehandlung: das Nesselpeitschen (sog. Urtikation). Sebastian Kneipp war übrigens ein großer Freund dieser eigentlich völlig plausiblen Anwendungsform, die man bei Schmerzen von Gelenken leicht selbst durchführen kann. Die Wirkung kommt auf ähnliche Weise zustande wie bei der Anwendung von Salben mit Reizstoffen oder wie bei der Akupunktur.
Und so geht’s: Zwei Teelöffel getrocknete Brennnesselblätter oder -wurzel für 1 Tasse Tee mit kochendem Wasser übergießen, kurz aufkochen, fünf Minuten ziehen lassen – 3-mal täglich.
Prof. Dr. med. Dr. Bernhard Uehleke
Abt. Naturheilkunde - Charité Berlin